VR &AR: the Art of Storytelling

(fig. Jurassic World Blue. Quelle: Felix & Paul Studios auf Twitter, url: https://twitter.com/felixandpaul/status/1055159234529177601)

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Bericht:

Bliedung, S., Khelifa, K.B., Sylwan, S. (06/05/2019), VR &AR: the Art of Storytelling Media Convention Berlin 2019, in url: https://19.re-publica.com/de/session/vr-ar-art-immersive-storytelling
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Anfang Mai 2019 fand in Berlin im Rahmen einer Media Convention eine Veranstaltung statt, welche drei Akteure von VR und 360-Grad-Medien aus verschiedenen Branchen unter dem Titel „VR&AR:The Art of immersive Storytelling“ versammelt hatte.1 Unter anderem wurde der Visual Effects und Digital Media Spezialist, Sebastian Sylwan eingeladen, welcher seine Erfahrungen und Beobachtungen bezüglich immersiven Storytelling geteilt hat. Als CTO des kanadischen Studios Felix and Paul, welches sich seit 2014 exklusiv mit der immersiven Unterhaltung (Virtual Reality, Augmented Reality, Mixed Reality) beschäftigt und mehrere erfolgreiche 360-Grad-Projekte realisiert hat, trat Sylwan auf.2 In seinem Vortrag erklärt er seine Ansicht gegenüber immersiven Medien: VR ist tief in die menschliche Experience verwurzelt3. Die VR-Erlebnisse, mit denen er arbeitet, haben es als Zielsetzung, den Benutzer zu in andere Welten zu transportieren und schlussendlich zu verändern. Sylwan spricht ebenso von den oft, in anderen Quellen erwähnte, Problematiken, die neue Sprache des Mediums zu erkunden. Er warnt uns allerdings vor einer Suche nach einer allgemein gültigen Lösung. VR, sagt er, wie das Fernsehen, ist ein Übertragungsmittel, welches unterschiedliche Medien unterstützt. Mit einem Fernseher kann man Filme schauen, aber auch Spiele spielen, oder auch Skypen. Alle diese Medien teilen bloß ein Übertragungsgerät, aber haben andere Funktionen und Wege mit dem Benutzer zu interagieren.4 Sylwan, erklärt, er hat sich bis jetzt hauptsächlich mit filmischen VR beschäftigt, weil er aus der Filmbranche stammt. In klassischen Filmen dreht sich alles um das Timing der Geschichte und um die Lenkung der Publikums-Aufmerksamkeit, welche stark von dem Regisseur kontrolliert wird. In VR wird dieser Teil von dem Benutzer selbst übernommen. Vielmehr geht es dann darum, dass der Zuschauer in die Geschichte eintritt. VR, sagt er, erlaubt es dem Benutzer sich viszeraler mit der Geschichte und den verschiedenen Charakteren zu verbinden als in anderen Medien, weil man die Geschichte erlebt.5 Dieses Erlebnis basiert auf dem Gefühl des Benutzers in der Erzählung anwesend zu sein. Es verbindet ihn sozusagen mit der erzählten Geschehen. Dieses Anwesenheitsgefühl ist allerdings bloß eine Illusion, welche der Inhaltsschaffende unter allen Umständen schützen sollte.6 In dieser Hinsicht, erklärt Sylwan, kann die in klassischen Filmen genutzte Zeitdehnung und -kürzung (Zeitsprung, Slow Motion, usw.) nicht mehr wirklich anwendbar sein, weil es dazu tendiert, die Illusion zu brechen und es in den meisten Fällen als unnatürlich empfunden wird. Dasselbe gilt für rasche Schnitte, welche es dem Zuschauer erschweren, in die Geschichte einzutauchen. Sylwans These ist, dass man den Benutzer in einen „Sein“-Zustand bringen muss. Er muss die Geschichte erleben und sie nicht nur sehen.7 Er empfiehlt, den Benutzer als Teil der Geschichte wahrzunehmen und am besten Hinweise im VR-Raum zu verstreuen, welche die Präsenz des Benutzers rechtfertigen, erklären und in die Geschichte integrieren. Das geschaffene Erlebnis muss sich, wenn es nach Sylwan geht, genau so sehr um die Position des Zuschauers, als auch um die Geschichte drehen. Sylwan zeigt ein Beispiel, welches das Studio Felix and Paul 2018 produziert hat, in welchem der Zuschauer besonders gut in der Szene und in den dramatischen Bogen integriert ist:

Jurassic World: blue (2018)

Ebenso betont Sylwan die Wichtigkeit, die statische Position der Benutzer narrativ und visuell zu unterstützen. Wenn der Benutzer aus irgendeinem Grund Lust bekommt, sich von dem Geschehen weg zu bewegen, und wenn er das physisch innerhalb des VR-Erlebnisses nicht machen kann, wird er die Verbindung mit der Geschichte auflösen.8 Genauso sollte man, sagt er, die Kamera nur dann bewegen, wenn diese Positionsänderung Echo mit der Position des Benutzers und dem Status in der Geschichte passt. Sylwan gibt als Beispiel einen Kurzfilm an, in dem die Kamera auf einen Boot platziert ist. So kann der Zuschauer in eine Landschaft reisen und sich bewegen, ohne die Beschränkungen der statischen 360-Grad-Kamera zu enthüllen.

Sylwan erwähnt die Thematik des Verpassens von Elementen der Erzählung in VR. Nach ihm sollte man dem Benutzer so viel Freiheiten wie möglich lassen, um die Geschichte selbst zu entdecken. Essentielle Elemente der Erzählung können allerdings schon betont werden, sagt er. Nichtsdestotrotz braucht eine funktionierende Geschichte nur wenig klar definierte Sinneseinheiten, um verständlich zu sein. Um dieses Argument zu unterstützen erwähnt er die Micro-Blog-Webseite vom Bookish Reader, welche verschiedene Klassiker der Literatur von Charles Dickens bis hin zu Jane Auston auf ein paar Twitter-Sätze gekürzt hat.9

Sylwans Vortrag verbreitet sich leider nicht über Storytelling-Theorien. Vielmehr geht es hier um empirisches Wissen, welches er über die Jahre und durch die vielen verschiedenen Projekte des Studios Felix and Paul gesammelt hat. Er ist natürlich nicht der einzige, der solche Tipps und Erfahrungen teilt. Oft stehen sich diese Art von Quellen gegenseitig im Weg. Doch sind seine Schlussfolgerungen hinsichtlich was man in VR machen darf oder nicht, eher nachvollziehbar, weil sie einem klar definierten Objektiv folgen: die Unterstützung des Anwesenheitsgefühls der Benutzer in dem virtuellen Raum.


1.Sven Bliedung, Karim Ben Khelifa, Sebastian Sylwan: VR &AR: the Art of Storytelling (06/05/2019), Media Convention Berlin 2019, in url: https://19.re-publica.com/de/session/vr-ar-art-immersive-storytelling
2.„About“, in: url: felixandpaul.com
3.VR&AR: the Art of Storytelling
4.Ebenso.
5.Sylwan, S. (2016), Narrative & Space in Cinematic VR, IVRPA Quebec, url: https://www.youtube.com/watch?v=rk8NLjeHW4A
6.Ebenso.
7.Ebenso.
8.Ebenso.
9.Moore, M.(11.05.2009), „Twitter: Great works of literature shortened into tweets“, in: The Telegraph online, url: telegraph.co.uk

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