Generelle Information:
Vom Dokumentarfilm zu hybriden Formaten.
Die Auflösung von Genregrenzen im Fernsehen.
Hochschule der Medien Stuttgart
Studiengang Medienwirtschaft
Lisa Grözinger, Olgastrasse 81, 70182 Stuttgart, Matr.-Nr. 12012
Kerstin Henning, Pfaffenwaldring 50C 1.2, 70569 Stuttgart, Matr.-Nr. 11896
Stuttgart, 10. Februar 2005
1.Prüfer : Prof. Eckhard Wendling
2.Prüfer : Michel Jungfleisch (Gambit Film und Fernsehproduktion GmbH)
1. Gestaltungshöhe
Diese Diplomarbeit ist eine rein theoretische Arbeit und beinhaltet deshalb auch keinerlei praktische Umsetzung oder Werkstück. In dieser Arbeit wird der Frage nachgegangen, warum der Dokumentarfilm in den letzten Jahren einen rapiden Zuwachs und Anklang bei den Zuschauern gefunden hat. Dabei eröffnet sich für den Rezipienten ein detaillierter Blick auf die Herkunft des Genres Dokumentarfilm, die Entwicklung im Zusammenhang mit Fernsehreportagen sowie den unterschiedlichen hybrid Formaten. Es werden weiters Begriffserklärungen vorgenommen und auf die unterschiedlichen dokumentarische Formen eingegangen. Darüber hinaus werden Fragestellungen wie zum Beispiel: Impliziert das Wort DOKU bereits einen Bezug zur Wirklichkeit? oder Inwiefern sind bereits Dokumentarfilm und Spielfilm miteinander verschmolzen?
2. Innovationsgrad
Meines Erachtens nach, ist der Innovationsgrad der Arbeit relativ zu betrachten. Für einen sogenannten, Genre Liebhaber des Dokumentarfilms, ist diese Diplomarbeit ein, so denke ich, guter Einblick in die verwobene und tiefgründige sowie zum Teil sehr widersprüchliche Welt des NON-FIKTIONALEN-FILMS. Es ist einfach schön zuhören, wenn in den abschließenden Kapiteln von der Zukunft des Dokumentarfilms die Rede ist. Dort postuliert wird, dass eine Annäherung von Seiten der Programmverantwortlichen und den
Filmemacher notwendige ist. Darüber hinaus haben die öfftlich-rechtlichen Fernsehanstalten eine Verpflichtungen gegenüber ihrem Publikum wahrzunehmen und zwar den Dokumentarfilm nicht an späte Sendeplätze auszulagern sonder im Hauptprogramm unter dem Stichwort „unersetzbare Entdeckung der Realität“ im landen. Diese Meinung kann ich stark nachvollziehen, den das illusionäre fiktionale Kino im Rampenlicht des Hauptabendprogramms zu etablieren, wird vielleicht eine Zeit lang für gute Einschaltquote sorgen, aber keinerlei Anregungen und Bewusstsein für kritische Auseinandersetzungen im Rezipienten schaffen. Ein hervorragendes Beispiel liefert hier das Thema globale Klimaerwärmung. Wenn die großen Fernsehanstalten den Bildungsauftrag statt der Profitmaximierung, an erster Stelle gereiht hätten, könnten wir, würde ich zumindest annehmen, ein breiteres Bewusstsein unter den Zuschauern für Klimaschutz schaffen.
Andererseits wenn jemand eine geringere Affinität gegenüber dem Genre Dokumentarfilm hat, wird diese Arbeit eher als theoretischer Akademiker-Schinken abgegolten. Ich denke nicht, dass diese Arbeit eine breite Masse anspricht, sondern sich eher im geschlossenen Kreis der Fachexperten wieder finden lässt
3. Selbständigkeit
In Fragen der Selbständigkeit haben Frau Grözinger und Frau Henning, meiner Meinung nach, eine gute Arbeitshaltung bewiesen. Ich denke, das für solch eine komplexe und teils sehr philosophische Thematisierung, nicht nur eine große Leidenschaft und Begeisterung notwendig ist, sonder auch eine immense disziplinarische Einstellung. Nachdem ich mir bereits die ersten beiden Kapitel durchgelesen habe, war für mich klar das diese Art von Fragestellungen bzw. aus den Zitaten resultierende Diskussion, ein in sich kohärentes Bild abgeben. Ich bin stark davon überzeugt das hierbei außerhalb vom verschriftlichten und recherchiertem Anteil, einiges mehr an Austausch oder Hinterfragungen stattgefunden hat. Ein gutes Beispiel liefert bereit unter dem ersten Kapitel die Fragestellung nach Objektivität und Subjektivität sowie, gleich im Anschluss der Diskurs mit dem dazu gut gewählten Titel, Das Spiel mit der Wirklichkeit.
4. Gliederung und Struktur
Die Gliederung und Struktur ist in meinen Augen sehr gut gelungen. Zumal es zwei Verfasserinnen gibt, werden gleich zu Beginn der Arbeit, direkt nach dem Inhaltsverzeichnis, die einzelnen Kapitel namentlich zugeordnet. Dabei werden zu jedem einzelnen Abschnitt, in einer äquivalenten Anzahl die Abkürzungen der Namen genannt. Die Nachfolgende Reihung und Gliederung hinsichtlich des Inhalts, ist überschaubar und verständlich aufgeschlüsselt. Es beginnt mit der Theorie zum Dokumentarfilm, wo unterschiedliche Aspekte wie zum Beispiel, Dokuemtarfilm und Fiktion oder Objektivität und Subjektivität beschrieben wird. Im weiteren Verlauf folgt ein Streifzug durch die Geschichte des Dokumentarfilms. Dabei werden der Fernsehdokumentarismus sowie die Entwicklungen der Hybrid Formen angerissen. Zum Schluss Erfolgt der Diskurs hinsichtlich der Entgrenzung sowie eine Art Erläuterung und Diskussion über mögliche Zukunftsperspektiven des dokumentarischen Schaffens.
5. Kommunikationsgrad
Hinsichtlich der Kommunikation und Verständlichkeit auf inhaltlicher Ebene, ist die Diplomarbeit für ein einschlägiges Fachpublikum geschrieben worden. Gut erkennbar ist das an den verwendeten Zitaten, vor allem im Bereich der theoretischen Ausarbeitungen. Die Zitaten stammen vielerlei von renommierten Medienwissenschaftlern und Theoretikern, welche ein großes Spektrum an Vorwissen voraussetzen. Zudem werden oftmals philosophische Themen bearbeitet oder diskutiert, die meines Erachtens nach eine Vielfalt an unterschiedlichen Deutungsebenen hervorbringen können. Es ist daher meist eine subjektive Interpretation der Autorinnen, welche aber wiederum Platz für Austausch und Diskurs zulässt. Es ist definitiv keine Arbeit, die man sich einfach so in der Freizeit durchliest und sich ein abschließendes Resümee ergibt, wonach alle Fragen beantwortet werden. Es ist wohl eher ein Text für Theoretiker, welche sich über neue Perspektiven und Hypothesen wie ein gefundenes Fressen stürzen können und diese in ihren eigenen Abhandlungen thematisieren.
6. Umfang der Arbeit
Die Arbeit umfasst 187 Seiten und hat eine angenehme Schriftgröße zu lesen. In meinen Augen ist der Umfang der Arbeit gerechtfertigt, den es geht ja nicht darum ein Kompendium oder eine endgültige Antwort auf die Fragestellungen zu liefern, sondern einen Diskurs zu schaffen. Meiner Meinung nach gibt es zwar gewisse Stellen die noch exakter begründet werden können aber im Großen und Ganzen finde ich durchaus gelungen. Zudem wurden Gespräche bzw. Interviews mit Redakteuren, Autoren und Produzenten über das Thema geführt, welche direkt im Arbeitsrhythmus verankert sind und sich tagtäglich mit solchen Fragestellungen selbst konfrontieren. Dementsprechend ist es auch gut gelungen das diese Interviews auch erkennbar im Diskurs bearbeitet werden.
7. Orthographie sowie Sorgfalt und Genauigkeit
Hinsichtlich der Orthographie kann ich keine schwerwiegenden Mängel feststellen. Die Rechtschreibung, Grammatik sowie der Satzaufbau ist auf den zweiten Blick, sehr gut gelungen. Es sind zwar dort und da ein paar lange Sätze verschriftlicht worden, aber diese sind wahrscheinlich nicht kürzer zu gestalten. Der Satzfluss und die sprachlichen Konnotationen sind sehr angenehm und verständlich geschrieben. Ich finde das diese Diplomarbeit mit äußerster Sorgfalt und Genauigkeit erarbeitet wurde. Man hätte durchaus zum Beispiel im Kapitel Dokumentarfilm und Wahrheit, etwas mehr in die wahrnehmungspsychologische Richtung gehen können, jedoch hätte das vermutlich den Rahmen der Arbeit gesprengt. Es hat durchaus den Anschein, als hätten diese Arbeit zwei Enthusiasten verfasst und dementsprechend viel Mühe und Aufmerksamkeit hineingesteckt.
8. Literatur
Das Literaturverzeichnis umfasst fast 6 Seiten und ist in unterschiedliche Kategorien eingeteilt. Diese Kategorien umfassen Büchern, Periodika, Internetquellen und Sonstiges. Ganz zu meinem erstaunen, findet man zum Einen die Bücherliste alphabetisch sortiert und zum anderen werden die Periodika einfach nach erscheinen im Text in der Literaturliste vermerkt. Es ist dennoch überwiegend viel an einschlägiger bzw. Fachliteratur vorhanden. Das reicht von Monographien über Sammelwerke und eigenwillige Publikationen. Erstaunlich zu sehen ist dabei, wie weit die Grundlagenforschung bei Teilaspekten in Jahreszahlen zurück reicht. Es wurden vom ZDF Jahrbücher aus dem Jahre 1976 heraus gekramt.