Weissraum für mehr Ruhe – Kommunikationsdesigner mögen weite und weiße Flächen, um eine anspruchsvolle, aber dennoch sachliche Atmosphäre zu erzeugen. Die Zen-Künste aber haben diesbezüglich eine ganz eigene Lehre entwickelt. Es geht nicht um die gezeigten Gegenstände, sondern um die „Komposition aus Zwischenräumen“.
Japanische Ästhetik kennt dazu zwei Begriffe: Ma = das Dazwischen, und Mu = die Leere
Im Zen liegt die Schönheit der Dinge in ihrer Einfachheit und Unvollkommenheit. Aber auch in ihrer Spontanität und unkonventionellen Frische. Ein Beispiel: Das Bild ist nahezu nur weiß. Nur in einer Ecke befindet sich ein schwarzer Fleck. Die Bildmitte ist weiß und der Blick des Betrachters wird auf diese Leere hingeleitet. Genau diese Leere wird im Zen als „endloses Potenzial“ betrachtet und macht das Wesen der Dinge aus. In der Bildmitte fehlt nichts, sie ist nicht ungestaltet, sondern sie fordert dazu auf, selbst aktiv zu werden.
„Was am Rand der Einfachheit liegt, ist mit Sicherheit keine Randerscheinung“ – das 6. Gesetz, der „Zehn Gesetze der Einfachheit“ von John Maeda, beschäftigt sich mit dem was während dem Gestaltungsprozess verloren gehen kann. Was unmittelbare Bedeutung zu haben scheint, ist unter Umständen im Vergleich zu seinem Umfeld nicht annähernd so wichtig.
Weiße Flächen oder Weiße Räume laden zum Chaos ein. Warum? Weil wir sie füllen wollen. Denn in leere Räume, aber auch in die Zeilenzwischenräume können wir Notizen kritzeln.
Aber nicht nur auf einem Papier begegnen wir Weißraum, auch in der Natur, in unserem Alltag. In Japan befindet sich vor einem Tempel eine rechteckige Fläche, die mit weißen Papierfähnchen abgegrenzt wird. Die Fläche wirkt für Touristen utopisch, aber strahlt dennoch etwas Edles aus. Betrachtet man sie, fällt man in ruhige Trance, vergleichbar mit der in einem Zen-Steingarten. Das Fläche ist dafür da, dass Autos dort abgestellt und gesegnet werden. Es soll zum Schutz vor Unfällen und Verletzungen dienen. Als Zen-Mönch schätzt man den leeren Raum – insbesondere, wenn man sich auf den turbulenten Straßen im 21. Jahrhundert bewegt.
Designer schätzen Weißraum auch aus dem Grund, da „Nichts“ ein wichtiges „Etwas“ ist. Mehr weiße Flächen bedeuten zwar, dass weniger Information vorhanden ist. Aber es bedeutet auch, dass wir dem was vorhanden ist mehr Aufmerksamkeit schenken sollten. Denn wenn weniger da ist, schätzen wir alles viel mehr.
Literaturliste:
Frank Berzbach: Die Kunst ein kreatives Leben zu führen
John Maeda: Die zehn Gesetze der Einfachheit