Warum sind Musikvideos immer noch ein Thema? Diese Frage stellen sich vielleicht viele, nicht zuletzt weil MTV vor Jahren dem Genreausstieg machte. Trotzdem produzieren fast alle Künstler Musikvideos, und die Qualität und der Anspruch der Clips nehmen stetig zu. Musikvideos stellen mittlerweile eine Kunstform dar und sind Teil der visuellen Sprache eines Künstlers. Im digitalen Zeitalter des Streamings wird Musik täglich in Massen konsumiert – und wieder vergessen. Kleinere Bands oder Indie-Künstler haben so kaum eine Chance nur durch ihre Musik aufzufallen; ein Grund für Künstler und Labels sich ein anderes Medium zu suchen um Aufmerksamkeit zu generieren: Soziale Medien, und dazu zählt auch YouTube.
Ein gutes Musikvideo kann Künstler und Hörer miteinander verbinden aber auch den einzelnen Fan mit einer ganzen Fangemeinde. Künstler wie FKA Twigs, Tyler the Creator oder Lady Gaga schaffen mit ihren Musikvideos einen mindestens genau so großen Eindruck wie mit ihrer Musik. In Musikvideos werden Fashion- und Tanz-Trends geschaffen die eine ganze Generation beeinflussen können.
Andere Künstler nehmen ihre Musikvideos als eine weitere Plattform des Storytellings – parallel zu ihrer Musik. Aus der Sicht eines Regisseurs können Musikvideos weitaus ansprechender sein als Kurzfilme. Kein Kurzfilm-Medium hat so großes Potential ein Millionenpublikum zu erreichen wie Musikvideos. Kurzfilme/Videos des Regisseurs Kahlil Joseph überschreiten die Grenzen der Erwartung was ein Musikvideo betrifft sogar noch um ein Stück, und das Video das er für den Künstler Flying Lotus produzierte gewann sogar den Short Film Award beim Sundance Film Festival.
Die Berliner Band Moderat – bestehend as dem Duo Modeselektor und dem Producer Apparat – nehmen ihre Musikvideos als Mittel für zusätzliche kreative Outputs, meist in Zusammenarbeit mit dem Berliner Kreativ-Studio Pfadfinderei. Das Studio übernahm bisher sämtliche visuelle Gestaltung des Images von Moderat – Branding, Musikvideos, Bühnenshow. Das führt dazu, dass die Band zur Marke wird. Die Musikvideos tragen einen großen Teil dazu bei, meist hochprofessionell produzierte Clips die die Geschichte der Musik visuell unterstützen oder sogar fortführen. Ein Beispiel für innovatives Storytelling in Musikvideos stellt ihr von 2016 zu der Single „Reminder“ dar, das in Zusammenarbeit mit der Pfadfinderei und SEHSUCHT als Virtual Reality Experience in 3D und 2D entstanden ist. Diese Technik ermöglicht es den Fans selbst ein Teil der Geschichte zu werden.
Einen weiteren Ansatz des transmedialen Storytellings hat der irische Künstler EDEN bei der Promotion seines letzten Albums und der dazugehörigen Tour verfolgt. Als Dankeschön für seine Fans ging am 23ten Geburtstag des Künstlers ein kurzer Clip mit dem Titel 356x: 23 bei YouTube online. Das Video zeigt scheinbar unzusammenhängende Clips des Künstlers, unterlegt mit poetischen Versen. Zeitgleich veröffentlichte EDEN bei Twitter einen Post mit dem Link zum Video sowie zu einer Website des Künstlers.
Folgt man dem Link zu www.mcmxvc.eu findet man sich auf einer Seite wider auf der man die drei Keywords „running“, „tripping“ und „falling“ des vorangehenden Clips eintippen kann, und somit eine weiteres exklusives Video freischaltet – Bonusmaterial und Behind the Scenes Videomaterial zur Tour. Als Fan des Künstlers bekommt man so das Gefühl Teil einer Community zu sein, die man sich erst „verdienen“ muss, eine Community die gemeinsam Geschichten erlebt und in der man vom Künstler geschätzt wird. Und das kann in unserem vergänglichen Zeitalter des Massenkonsums von Medien den Unterschied machen, was die „Brand“ des Musikers von anderen abhebt.
Quellen:
https://medium.com/@pulsefilms/why-music-videos-are-still-so-important-views-from-inside-the-industry-ebaa7d4758d2
https://medium.com/@gopaldass/how-digital-storytelling-on-social-media-is-re-inventing-the-music-single-38eb36a299cf
https://medium.com/@Jauntxr/reminder-virtual-reality-talking-with-the-creators-of-moderats-animated-vr-music-video-9e06ce086be9
https://i-d.vice.com/en_au/article/zmxzzw/why-music-videos-are-still-relevant
