Als 2013 das Videospiel „The Last of Us“ aus dem Hause Naughty Dog für die PlayStation 3 veröffentlicht wurde, hat sich die Industrie der „Narrative-“ und „Single-Player Games“ verändert. Das Spiel schlug ein wie eine Bombe und wurde schon kurz nach Veröffentlichung als „bahnbrechend“ und „revolutionär“ betitelt. 2014 erhielt das Studio für „The Last of Us“ neben vielen anderen Auszeichnungen auch den BAFTA Award für „Game of the Year“ und „Best Narrative“. Bis heute setzt das Spiel Maßstäbe im Game Design, und das nicht für die Spielmechaniken, Steuerung, Grafik, oder das Setting des Spiels. Es ist die Geschichte und die Art wie diese Geschichte erzählt wird.
Das apokalyptische Endzeit Szenario inklusive Zombies war zu dem Zeitpunkt nichts Neues mehr, auch das Gameplay hatte seine Macken und verlief nicht immer reibungslos. Die große Stärke des Spiels war das Storytelling, und wie man emotional eine Verbindung zum Hauptcharakter „Joel“ und seinem Schützling „Ellie“ aufbaut. Als mitten im Spiel plötzlich der eigentlich spielbare Charakter von Joel durch Ellie ausgetauscht wurde kam zwar unerwartet, wurde aber z.B. bereits im Jahr 2010 von Rockstar Games im Spiel „Red Dead Redemption“ als Mechanik verwendet.
Die größte Besonderheit des Spiels ist es, dass es entgegen der meisten Spiele nicht fokussiert ist auf dein eigenes (deines Charakters) Überleben – es geht um Ellie, das 14-jährige Mädchen das es gilt zu beschützen. Auch wenn die Spielwelt noch so unwirklich, grausam und aussichtslos wirkt, Ellie hat in jeder Situation einen Kommentar auf Lager, was es unmöglich macht keine Beziehung zu ihr aufzubauen – was genau der Situation deines Charakters im Spiel entspricht.
Videospiele sind also in dem Sinne ein perfektes Medium um Geschichten zu erzählen, weil der Spieler Teil der Geschichte wird. Auch wenn in den meisten Spielen die eigene Leistung bzw. das Können des Spielers nicht entscheidend für den Ausgang der Geschichte ist, man hat doch immer das Gefühl man trägt zur Geschichte bei und hat eine Gewisse Verantwortung gegenüber seines Charakters. Um diesen Effekt noch weiter zu verstärken gibt es auch immer mehr Spiele (meist kleinere Indie-Games), die das Spielerverhalten tatsächlich in die Geschichte einfließen lassen, wo Entscheidungen eine Rolle spielen und jeder seine eigene, individuelle Geschichte erzählen kann. Beispiele hierfür wären Spiele wie „Oxenfree“ (2016, Night School Studio) oder „Detroit: Become Human“ (2018, Quantic Dream). Es ist also nur vorteilhaft die Zielgruppe in irgendeiner Weise mit in das Geschehen einzubeziehen, die erzählte Geschichte zu ihrer zu machen und eine emotionale Bindung zu gestalten. Das gilt auch für Design.
In games we tend to say too much.
We over explain things and use too much dialogue.
Dieses Zitat stammt von Naughty Dog CEO Neil Druckmann in einem Interview mit IGN. Was er damit sagen will ist „Less is more“ – ein Satz den auch jeder Designer schon mehrmals gehört und verinnerlicht hat. Geschichten werden viel interessanter wenn man dem Leser, Betrachter oder Spieler eine gewisse Offenheit lässt, einen Raum für Interpretation. Meist werden alle benötigten Informationen auch vermittelt, wenn man einige Informationen wegnimmt. Das gilt sowohl für Spiele aus auch für Design.
Quellen:
O’Biran, Lucy: „The Future of Video Game Storytelling“, IGN Magazine, 2014; https://www.ign.com/articles/2014/01/13/the-future-of-video-game-storytelling
Jenkins, Harry: “Game Design as Narrative Architecture.” Noah Wardrip-Fruin and Pat Harrigan, ed. First Person: New Media as Story, Performance, and Game. Cambridge: The MIT Press, 2004. 118-130. Print.
Horti, Samuel: „How The Last of Us raised the bar for Video Game Narratives“, 2018, Techradar; https://www.techradar.com/news/how-the-last-of-us-raised-the-bar-for-video-game-narratives