Die Gestaltpsychologie findet ihre Begründung mit dem Werk „Über ‚Gestaltqualitäten‘“ (1890) von Christian von Ehrensfels. Er verfasste dieses während einer Studienreise in Berlin und schrieb den Text mehr als 20 Jahre vor der Begründung der Gestalttheorie. In diesem Text fanden die Berliner und Leipziger Gestaltpsychologen den Ausgangspunkt ihres gestaltpsychologischen Denkens. Die Gestaltpsychologie untersucht die Gesetzmäßigkeiten, die die Organisation von Teilen zu einem Ganzen erklären. Sie beschäftigt sich mit der Wahrnehmung des Betrachters bzw. der Betrachterin und den Mechanismen, wie Bilder erschlossen, Zusammengehörigkeit erkannt und Einheiten formiert werden. Das Verständnis des Betrachters bzw. der Betrachterin wird zum Beispiel durch die Anordnung von Linien, Flächen und Kontrasten im Bild gesteuert und somit auch die Führung der Aufmerksamkeit auf etwas Bestimmtes. Die Ergebnisse dieser Forschung werden in den Gestaltgesetzen zusammengefasst.
- Gesetz der Nähe
Dieses besagt, dass Elemente, die sich in räumlicher Nähe befinden, als zusammengehörig wahrgenommen werden.
Hier werden die Punkte als senkrecht angeordnete Reihen wahrgenommen, da sie vertikal näher beieinander liegen als horizontal.
- Gesetz der Ähnlichkeit
Elemente, die einander ähnlich sind, werden als zusammengehörig erlebt. Die Ähnlichkeit kann in der Helligkeit, der Farbe, der Form, der Größe oder der Orientierung gegeben sein.
In dieser Abbildung sind die Elemente zwar mit gleichem Abstand voneinander getrennt, jedoch unterschieden sie sich in der Farbe, man nimmt sie schließlich als horizontale Punktreihen wahr.
- Gesetz der guten Fortsetzung
Eine Anordnung von Elementen in einer geraden oder leicht geschwungenen Kurve führt dazu, dass wir diese in einem Zusammenhang sehen. Überschneiden sich Linien an einem bestimmten Punkt, werden diese im Sinne der Fortführung ihrer bisherigen Linienführung gesehen.
Hier geht man automatisch davon aus, dass die Linien dem einfachsten Weg folgen, also von A nach B und von C nach D.
- Gesetz der Geschlossenheit
Es werden in geometrischen Gebilden jene Strukturen als Figur wahrgenommen, die geschlossen wirken. Der Eindruck von Geschlossenheit kann entweder durch die tatsächliche geschlossene Form oder durch die gedankliche Ergänzung der fehlenden Information aufkommen.
In dieser Abbildung sehen wir sofort ein Dreieck, obwohl die Form nicht geschlossen ist. Wir ergänzen das uns bekannte Muster des Dreiecks gedanklich.
- Gesetz des gemeinsamen Schicksals
Elemente oder Gegenstände, die sich in dieselbe Richtung bewegen oder auch verändern, werden als Einheit wahrgenommen.
Die Pfeile bewegen sich alle in dieselbe Richtung und so entsteht eine Zusammengehörigkeit.
- Gesetz der guten Gestalt/Prägnanz/Einfachheit
Im Gesetz der guten Gestalt (auch Prägnanz oder Einfachheit) wird jedes einzelne Muster so gesehen, dass die resultierende Struktur so einfach wie möglich ist. Sobald sich ein Bild auf wenige geometrische Grundformen zurückführen lässt, spricht man von dem Präganzgesetz. Es besagt auch, dass einfache Dinge leichter wahrgenommen werden können, als komplizierte.
Hier sehen wir grundsätzlich einen Kreis mit einem Dreieck, wir zerlegen die Form in zwei einfache, bekannte Formen. Die komplexere Figur, die sich daraus ergibt, folgt keinem leicht einprägsamen Muster.
Quellen:
Fitzek, Herbert/Salber, Wilhelm: Gestaltpsychologie, Geschichte und Praxis. Darmstadt 1996.
Kamp, Werner: AV-Mediengestaltung Grundwissen. Haan-Gruiten 2013.
Bildquelle:
The Roaming Platypus
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