Figur-Einführung in Filme

(fig.: Fritz Lang, M – Eine Stadt sucht einen Mörder, Vereinigte Star-Film GmbH, 1931, 117 Min )

Der erste Eindruck bleibt. Psychologen, sowie Soziologen, Philosophen und sogar Linguisten haben sich vor mehr als einem Jahrhundert darauf geeinigt, dass die schnelle Einordnung der Dinge1 notwendig ist, für die menschliche Orientierung und das Agieren. Bei Filmen, in denen die Figuren eine entscheidende Rolle für die Geschichtserzählung tragen, wurden die Einführungen dieser Figuren – der erste Eindruck, welchen man von ihnen erhält – oft sehr sorgfältig bearbeitet. Diese für die Zuschauer denkwürdigen Momente sind meistens die Gelegenheit, das Knowhow und den Stil des Regisseurs und seines Teams zu zeigen, und geben Hinweis auf die Themen und Spannungen der Erzählung. Gestalt, Bewegung, Beleuchtung, Ton und Framing sind die Hauptwerkzeuge der Filmemacher, welche dazu dienen sollen, das breitere Spektrum der Psychologie, der Ästhetik, der Symbolik und des soziokulturellen Hintergrunds der Figuren2 in ein paar Sekunden zu mutmaßen.

Die Einführung der Figuren in Filmen ist ein sehr populäres Thema im Internet unter den Filmliebhabern, welche regelmäßig Listen3 von merkwürdigen Beispielen publizieren. Ebenso haben Institutionen wie die Internet Movie Database (IMDb) oder Produktionsfirmen wie Cinefix
Media(Montreal) unförmlich dazu Beiträge4 geliefert. Diese Popularität hat allerdings nur wenig Echo in der wissenschaftlichen Literatur. Wenn die Charakterisierung (Darstellung einer Person in erzählenden Kontexten) manchmal5 von Drehbuchexperten thematisiert wird, bleibt die spezifische Forschung über die Einführung der Figuren relativ marginal. Ebenso, in der Analyse der Form (Framing, Position der Figuren, Licht, usw.), scheint die Einführung der Figuren keinen prominenten Platz zu haben und wird oft als Teil eines Ganzen wahrgenommen.

Diesen wissenschaftlichen „Mangel“ könnte man vielleicht durch die Verteilung der Spezialisierungsgebiete, in der audiovisuellen Branche, erklären. Der Designer – bzw. Media Designer – könnte allerdings durch die Multidisziplinarität seiner Expertise (Gestaltungsanalyse sowie Soziologie, Dramaturgie und Cultural Studies) neue Perspektiven zu diesem plakativen und teilweise ikonischen Moment der Einführung der Figur beitragen. Auf dieser Basis, würde ich vorschlagen einen rationalen Quellenkorpus herzustellen um durch eine Gestaltungsanalyse wiederkehrende Elemente zu definieren und zu konzeptualisieren.


 

1. Foucault, M. (1966), Les Mots et les Choses, Une archéologie des sciences humaines, Gallimard, 1966, 404S.
2. Eder, J.(2008),„Introductory chapter“, In:Eder, J., Film Characters: Theory, Analysis, Interpretation, Schüren, S.6
3. Beispiele: “ The 20 Best Character Introductions in Movie Huistory”, url:screenrant.com/ best-character-introduction-movies-ever-all-time/, “Top 10 Character Introduction Scenes in Movies”, url: youtube.com/ watch?v=RbtZS8yeUdg , “20 Most Epic Character Introductions In Movies”, url: whatculture.com/film/20-epic-character-introductions-movies, usw.
4. IMDb, “Best Character Introduction Scene in a movie” und Cinefix, “10 Best Character Introductions of All Time”
5. Eder, J.,”General information”, In: J. Eder, Eder, J., Film Characters: Theory, Analysis, Interpretation

 


BIBLIOGRAFIE

Filmanalyse
– BEYLOT P. (2005), Le Récit audiovisuel, Paris:Armand Colin
– Bowen, C. J., Thompson, R.(2013), The Grammar of the Shot, Burlington: Focal Press
– Ryan, M., Lenos, M. (2012), An Introduction to Film Analysis: Technique and Meaning in Narrative Film, New York: Continuum

Charakterisierung
– Gerke, J.(2010), Plot versus Character: A Balanced Approach to Writing Great Fiction, Cincinnati:
– Lavocat, F., Murcia, C., Salado, R. (2007), La Fabrique du personnage, Paris:Champion

Figur im Film
– Bordwell, D. (2005), Figures Traced in Light: On Cinematic Staging, Berkeley:University of California
– Brenez, N. (1998), De la figure en général et du corps en particulier – de l’invention figurative au cinéma, Bruxelles:De Boeck Université
– Eder, J. (2008), Die Figur im Film. Grundlagen der Figurenanalyse, Marburg: Schüren
– Vernet, M.(1986), „Le personnage de film“, In: Iris, n°7, Cinéma et narration 1, 2e semestre

Wahrnehmung
– Currie, G. (1995), Image and Mind: Film, Philosophy, and Cognitive Science, Cambridge: Cambridge University Press
– Smith, T. J. (2013), „Watching you watch movies: using eye tracking to inform cognitive film theory“, In:Shimamura, A.P. (Ed.) Psychocinematics: Exploring Cognition at the Movies, New York: Oxford University Press, Ss. 165–191.

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