Ich habe lange hin und her überlegt, welche Master-These ich zum Vergleich heranziehen sollte. Schlussendlich entschied ich mich für eine Arbeit, die ich schon zu Beginn meiner Recherche fand, und gegen die sich keine der später Durchgesehenen behauten konnte. Timo Schmidt reichte an der Technischen Hochschule Wildau eine Master-These mit dem Titel „Konzeption und Implementierung einer Verkehrsinformationsapplikation für Smartphones am Beispiel des iPhones“ ein. Obwohl aus einem anderen Studiengang und, gerade im Bereich der Technik, eine fast schon alte Publikation aus 2011, konnte ich nicht umhin, Parallelen zu meinem eigenen Vorhaben zu entdecken und wollte mir die Arbeit genauer ansehen. Dennoch muss man hierbei immer im Hinterkopf behalten, dass die bewertete Arbeit im Bereich der Telematik, also der Mischung aus Telekommunikation und Informatik, angesiedelt ist und deswegen einen weit technischeren Fokus hat, als meine eigenen Ziele sind.
Schon zu Beginn fällt auf, dass die Arbeit sehr strukturiert aufbereitet ist und mit einer umfassenden Einleitung in die Thematik beginnt. Von vornherein wird klargestellt, was die genauen Ziele sind, wie sie erreicht werden und welche Motivation der Arbeit zugrunde liegt. Eine dezidierte Forschungsfrage wurde nicht formuliert, aber durch die genaue Zielsetzung und einer Abgrenzung der bearbeitenden Themengebiete, ist die Intention und der rote Faden dennoch erkennbar. Wie der Titel schon vermuten lässt, geht es um ein Konzept und eine Implementierung einer App für das iPhone, wobei der User Fahrrouten, basierend auf den aktuellen Verkehrslagedaten, optimieren kann. Das Projekt entstand in Kooperation mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR), Standort Berlin.
In den 153 Seiten gibt die Arbeit einen sehr guten Einblick in das gewählte Thema. Die Struktur ist sehr schlüssig und gut nachvollziehbar. Dem unwissenden Leser wird zuerst ein Abkürzungsverzeichnis und ein Glossar geboten, bevor eine kurze Zusammenfassung über die angeschnittenen Bereiche gegeben wird, um die Ergebnisse auch in einen Kontext zu bringen. Alle Entscheidungen sind gut dokumentiert, begründet und nachvollziehbar. Der Umfang der Arbeit ist im Vergleich zum dargebotenen Inhalt absolut angebracht, und der Platz gut genutzt. Abstände und Formatierungen sind konsequent und wirken professionell. Die Arbeit besticht durch einen gehobenen Schreibstil mit wenigen Rechtschreibfehlern, der jedoch teilweise durch holprige Sätze und Wortwiederholungen unterbrochen wird. Ein Kritikpunkt sind die stets oben positionierten Anführungszeichen. Dies ist zwar konsequent durchgezogen, führt jedoch zu einer schlechten Lesbarkeit.
Basierend auf den Informationen aus der Arbeit, war das Thema der aktuell möglichen Fahrgeschwindigkeit auf Navigationskarten relativ neu. Als Konkurrenzprodukt wurde ein Feature von Google-Maps genannt, welches im selben Jahr wie die Master-Arbeit erschien und so diese Behauptung untermauert. Beide genannten Konkurrenzprodukte wurden auf Schwachstellen geprüft und die Ergebnisse flossen in die Konzeption der eigenen App mit hinein. Persönlich sehe ich den Innovationsgrad im oberen Drittel, da die Idee zwar nicht komplett neu war, es jedoch noch kaum Umsetzungen gab und versucht wurde die Fehler der Konkurrenz im eigenen Projekt auszumerzen. Die Programmierung erfolgte mit State-of-the-Art Frameworks, wobei hervorzuheben ist, dass die Vor- und Nachteile verschiedenen Techniken dargelegt wurden. Durch das Abgleichen dieser mit den Anforderungen der App, in einer umfassenden Matrix, wurde eine damals aktuelle Lösung gewählt und die Entscheidung auch gut untermauert.
Da die Master-These in Kooperation mit einer Firma geschah, kann ich nur schwer nachvollziehen, wie selbständig die Anforderungen und Inhalte der App ausgearbeitet wurden. Im persönlichen Fazit kann man jedoch Nachlesen, dass einige Funktionen aus eigener Motivation mit eingebaut wurden, um so den Funktionsumfang und die Usability zu erhöhen. Die Arbeit, vor allem die technische Bereiche, machen den Eindruck, dass viel Zeit investiert wurde und der Autor sich ein umfassendes Wissen angeeignet hat.
Zur Gestaltungshöhe lässt sich positiv anmerken, dass an die Barrierefreiheit gedacht wurde und es zum Beispiel einen eigenen Modus für Rot-Grün-Blindheit geben soll. Beim Design der App wurde der Fokus sehr stark auf die Human-Interface-Guidelines von Apple gelegt. Aus heutiger Sicht ist das Design schwer zu beurteilen, aber persönlich denke ich, dass der Fokus mehr auf dem Befolgen der Apple-Richtlinien und weniger auf einem individuellen Design lag.
Im Hinblick auf die technische Umsetzung gleicht die Arbeit einer Dokumentation, die ich aber durchaus spannend finde und wobei hier ebenfalls durch Quellen Entscheidungen und Vorgehensweisen untermauert wurden.
Die in dieser Arbeit verwendete Literatur wurde im Text zitiert und bei weiterführenden Informationen oder Kommentare hochgestellte fortlaufende Nummern verwendet. Diese Kommentare beziehen sich jedoch auf genauere Erklärungen zum Text und nicht zu der Literatur. Hier wäre auf jeden Fall noch Potential, die verwendete Literatur genauer zu beschreiben oder zu argumentieren. Das Literaturverzeichnis erstreckt sich auf mehreren Seiten, wobei auffallend ist, dass viele Online-Quellen verwendet wurden.
Zusammenfassend ist die Arbeit sehr gelungen und überzeugt mich vor allem durch die gut nachvollziehbare Gliederung und die untermauerten Entscheidungen. Sprachliche oder grammatikalische Fehler beschränken sich auf ein Minimum und es wurde auch Wert auf ein klares Layout gelegt. Der Designaspekt ist im Nachhinein und Jahre später nur schwer zu beurteilen, aber der Fokus wurde klar auf die technische Umsetzung gelegt, obwohl auch versucht wurde auf User-Experience und Usability einzugehen.
Die bewertete Master-Thesis ist unter folgendem Link zu finden: https://elib.dlr.de/73802/1/masterarbeit.pdf