Wie reagiert unser Gehirn auf Schönheit?

Was finden wir schön?
Und warum eigentlich?

Versucht man herauszufinden, was Menschen schön finden und im Idealfall auch warum, stoßt man hauptsächlich auf Forschungen, die das menschliche Gesicht betreffen. Chatterjee (2016) erklärt in einem TED Talk mit dem Thema „How your brain decides what is beautiful“, wie unser heutiges Verständnis von Schönheit mit der Evolutionspsychologie und der Neurowissenschaft zusammenhängt.

Grundsätzlich gehen wir davon aus, dass Schönheit etwas Individuelles ist. Jeder hat eine subjektive Meinung zu attraktiven und nicht so attraktiven Menschen. Die Faktoren, die beeinflussen, ob wir jemanden ästhetisch ansprechend finden oder nicht, tragen jedoch evolutionspsychologisch zum Überleben der Gruppe bei. Es gibt grundlegende Parameter, die ein Gesicht attraktiv machen. Viele Experimente bestätigen, dass es im Gesicht vor allem auf Norm, Symmetrie und die Auswirkung von Hormonen ankommt.

Mit dem Begriff Norm ist gemeint, dass Durchschnittsgesichter meist attraktiver bewertet werden als besonders hervorstechende, individuelle Gesichter. Das liegt daran, dass diese durchschnittlich aussehenden Gesichter die Grundtendenzen in einer Gruppe repräsentieren. Auch Gesichter mit unterschiedlichen Merkmalen verschiedener Bevölkerungsgruppen finden Menschen oft tendenziell attraktiver. Der Grund dafür ist, dass diese verschiedenen Merkmale eine genetische Vielfalt und Anpassungsfähigkeit an die Umwelt implizieren.

Dass Symmetrie bei der Bewertung von Gesichtern eine große Rolle spielt, hat vermutlich jeder schon einmal gehört. Aber worauf ist diese Tendenz zurückzuführen?
Der Hauptgrund dafür ist, dass Asymmetrie oft mir Anomalien verbunden werden. Asymmetrien entstehen bei Menschen, Tieren und Pflanzen oft durch parasitäre Infektionen. Symmetrie ist also auch ein Indikator für unsere Gesundheit.

Auch die Auswirkung von Hormonen darf bei der Bewertung attraktiver Gesichter nicht vergessen werden. Die Forschung hier bezieht sich hauptsächlich auf Heterosexualität, da hierbei die Hormone Östrogen und Testosteron eine große Rolle spielen. Östrogen bringt bei Frauen Merkmale hervor, die für Fruchtbarkeit stehen. So werden von Männern Frauen bevorzugt, die ein jung aussehendes, aber dennoch erwachsenes Gesicht haben. Bevorzugt werden große Augen, volle Lippen, ein schmales Kinn (wirkt jung) und hohe Wangenknochen (wirkt erwachsen).
Frauen wiederum finden Männer mit dichten Augenbrauen, dünneren Wangen und quadratischem Kiefer besonders ansprechend. Diese Faktoren werden alle vom männlichen Hormon Testosteron erzeugt.

Außerdem spielt hierbei auch das Handicap-Prinzip eine Rolle. Dieses basiert auf der Theorie der sexuellen Selektion. Am besten lässt sich dieses am Beispiel eines männlichen Pfaues erklären. Schlägt der Pfau ein Rad, kann er weder fliehen noch seine Henne ernähren. Es ist für das reine Überleben eher eine Behinderung als eine Hilfe. Es ist jedoch ein sexuelles Lockmittel. Der Pfau demonstriert hiermit wiederum seine Gesundheit. Die Theorie dazu lautet, dass es sich nur besonders fitte, gesunde Organismen leisten können, Ressourcen für etwas zu verbrauchen, das nicht das reine Überleben sichert. Dieses Prinzip kann man nun auch auf den Menschen ummünzen: nur besonders reiche Männer können sich eine Uhr für 10.000€ leisten (Zeichen für finanzielle Fitness).

Was geht aber nun in unserem Gehirn vor, wenn wir schöne Menschen / schöne Gesichter sehen?

Der Anblick attraktiver Gesichter aktiviert verschiedene Bereiche im Gehirn. Zuerst den Gyrus fusiformis (für Gesichtsverarbeitung zuständig), danach den Okzipital-Komplex (für Objektverarbeitung zuständig) und außerdem noch Teile unseres Belohnungszentrums. Das visuelle Gehirn interagiert mit dem Belohnungszentrum, wodurch die Erfahrung von Schönheit zusätzlich verstärkt wird.

Auch wenn wir nicht gezielt darauf achten, ob wir etwas oder jemanden schön finden, reagiert unser Gehirn trotzdem darauf. Chatterjee führte ein Experiment durch, bei dem Menschen gebeten wurden sich zwei Bilder von Menschen anzusehen und zu entscheiden, ob beide Bilder dieselbe Person zeigen. Obwohl hier die Identität und nicht die Schönheit im Vordergrund stand, löste die Betrachtung neuronale Aktivitäten im visuellen Gehirn aus. Außerdem wurden bei einer ähnlichen Studie auch Reaktionen auf Schönheit im Belohnungszentrum festgestellt. Chatterjee zieht aus diesen beiden Studien den Schluss, dass das Gehirn automatisch auf Schönheit reagiert und diesen Anblick mit Genuss verbindet.

Abschließend ist noch zu erwähnen, dass laut Chatterjee das Schönheitsbild im Wandel ist. Und zwar deswegen, weil sich die Auswahlkriterien während der zwei Millionen Jahre andauernden Eiszeit herausgebildet haben und diese Kriterien für eine erfolgreiche Fortpflanzung nicht mehr in die heutige Zeit übertragen werden können.

Literatur:

Bild:
https://www.telegraph.co.uk/science/2016/12/27/arthritis-could-get-worse-humans-continue-evolve-says-oxford/

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