(fig. Quelle: Kulkovsky, M. (07.08.2017), Liquid Cinema will change the way you work with 360 video, In: Medium – VR Atelier, url: https://medium.com/vr-atelier/liquid-cinema-will-change-the-way-you-work-with-360-video-73a0c6ddd88c)
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Bericht: Vandertop, I.(05.07.2016), Taking control in VR Storytelling | IVRPA Québec 2016 VR Conference, IVRPA –International VR Professionals Association Youtube Kanal, url : www.youtube.com/watch?v=t7TWsqxoOuE
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2016 hielt Irene Vandertop, Senior Digital Producer bei dem kanadisch-deutschen Filmstudio für kinematische VR „DEEP Inc.“, einen Vortrag im Rahmen der IVRPA 2016 VR Conference in Québec mit dem reizvollen Titel „Taking control in VR Storytelling“.1 Die Frage der Kontrolle oder eher des Kontrollverlusts der Inhaltsschaffenden in VR ist ein wiederkehrendes Thema der 360°-Storytelling-Literatur auf Grund des interaktiven Teils dieser Technologie. Vandertop, die einen Hintergrund von traditionellem Filmemachen hat, spricht über die Schwierigkeiten, welche sie bei VR angetroffen hat. Sie erklärt, unter anderem, wie heikel das Schaffen von Empathie innerhalb filmischer Inhalte ist, in der der Zuschauer – wie in 360-Grad-Videos – eine aktivere Position in der Geschichte hat. Sie zeigt einen Trailer von einem Film Noir aus dem Jahr 1947 namens Lady in the Lake, in welchem die subjektive Kamera („Ich-Perspektive“) fast durchgehend verwendet wurde, und erklärt wie wenig erfolgreich diese Art von Filmen – neue Beispiele wurden immer wieder produziert – waren, weil die Zuschauer durch die extreme „physische“ Nähe zur Geschichte nicht fähig waren, ihre Emotionen darauf zu projizieren.
(Video: Official Trailer von Lady in The Lake (1947), Quelle Movieclips Classic Trailers Youtube Kanal, 16.10.2014)
Ebenso erwähnt Vandertop ein Interview von Alfred Hitchcock, in welchem der Regisseur die suggestive Macht des Schnitts erklärt und wie sehr die Kombination von verschiedenen Aufnahmen in dem Aufbau filmischer Geschichte mitwirken. Dieser Schnitt allerdings – falls er innerhalb der VR-Technologie technisch möglich wäre – erzeugt eine Reihe von Schwierigkeiten auf Grund der Interaktion des Benutzers mit dem Inhalt. Vor allem dadurch, dass der Benutzer in alle Richtungen schauen kann, wird es schwieriger einen Sinn-Schaffenden Schnitt zu machen.
Ab Minute 6:22
https://www.youtube.com/watch?v=MJQE7Kv-9JU
(Video: Alfred Hitchcock on 3 Theories of Film editing, Michael van den Bos Youtube Kanal, 13.08.2015)
In ihrem Vortrag schlägt Vandertop allerdings vor, Kontrolle zu den Inhaltsschaffenden zurück zu geben und präsentiert eine neue Software, welche ihre Firma DEEP Inc. in Kollaboration mit den Canada Media fund, Arte, BR, NDR und der Fraunhofer Heinrich Hertz Institute entwickelt hat.2 Dieses Software namens Liquid Cinema ist ein Video Player und Autorenwerkzeug, welche das in einer externen Software geschnittene Footage von einer Reihe an Effekten augmentiert kann, um das immersive Erlebnis zu kontrollieren. Beispielsweise kann man das Footage so auf einen Schnitt orientieren, dass der Blick des Zuschauers sofort auf das Ereignis der nächsten Sequenz landet. Ebenso können Titel oder Video Footage durch den Blick des Benutzers getriggert werden. Traditionelles Footage kann über das 360-Grad Material gelegt werden, um emotionelle Fokuspunkte – zu einem Charakter beispielsweise – zu erzeugen. Die Software passt den Inhalt an verschiedene Plattformen (Web Browser, Telefon, Head Mounted Displays, usw.) an und bietet ein Heatmap Tool, welches vier Mal pro Sekunden Informationen über den Blick des Zuschauers speichert, um ein Feedback für die Inhaltsschaffenden zu bieten. 2016 erklärte Vandertop, dass ein Verzweigungssystem noch in der Bearbeitungsphase ist, welche erlauben sollte, eine nichtlineare Erzählung zu erzeugen.3 Laut ihrer Webseite sollte diese Funktion nun zur Verfügung stehen.4
Liquid Cinema Overview: https://vimeo.com/289783035
Dieses Kontrollenwerkzeug wurde „Forced Perspective“ (gezwungene Perspektive) genannt und wurde schon in verschiedenen Projekten ausprobiert, erklärt Vandertop. Sie spricht vor allem von der Mischung zwischen 360° Footage und „flachen Film“, welcher in der Forschungsphase des Projekts zu Kontroverse geführt hat. Sie betont die guten Rezensionen der Technik bei den Testpersonen, welche es als sehr natürlich und verständlich empfunden haben. Laut Vandertop sollte diese Methode eine schnellere emotionelle Verbindung zwischen dem Zuschauer und dem dargestellten Charakter erzeugen, da für eine kurze Zeit die emotionelle Distanz der 360°-Ich-Perspektive aufgelöst ist. Die Rückkehr zu dem 360°-Footage wird dadurch desto stärker und spannender, weil man einen glaubwürdigen virtuellen Raum mit einer Person teilt, welche man durch den flachen Film schon kennengelernt hat. Vandertop erklärt, dass wenn die Zuschauer die Immersion und das aktive Umsehen im 360 Grad Raum genießen, können sie genauso gerne ab und zu einen passiveren Status nutzen, um den Inhalt stresslos zu beobachten und aufzunehmen. 5
Diese gezwungene Perspektive löst wie durch Zauberhand viele Problemen und Fragestellungen, welche mit der Geschichtserzählung in 360 Grad zu tun haben. Vandertop sagt es selbst: 360 Grad Editing ist nun ein No-Brainer. Das Medium tritt dadurch in seine Reifephase ein, sagt sie. Die kostenlose Software wird vielen Inhaltsschaffenden die Möglichkeit geben, tiefer und sicherer mit immersiver Geschichtserzählung zu experimentieren, weil das Verpassen von Ereignissen kein richtiges Thema mehr ist. Liquid Cinema ist kein allmächtiges Werkzeug, aber die kleinen technischen Funktionen, die es anbietet, könnten eine Wende bedeuten. Es bedeutet vorerst nicht, dass das ganze gesammelte Wissen über Blicklenkung im 360 Grad Raum obsolet wird, welche das Medium spannend macht, aber es erlaubt einen gesunden Kompromiss zwischen Freiheit des Zuschauers und verständlichem strukturierten Inhalt.
Mehr über „forced Perspective“
Crossmediale Projekt und gezwungene Perspektive:
The Polar Sea, Doku, (Trailer : https://littlstar.com/videos/66276b4a )
Equator 360, (Trailer : https://player.vimeo.com/video/318280358 )
1.Vandertop, I.(05.07.2016), Taking control in VR Storytelling | IVRPA Québec 2016 VR Conference, IVRPA –International VR Professionals Association Youtube Kanal, url : www.youtube.com/watch?v=t7TWsqxoOuE
2.Ebenso.
3.Ebenso.
4.https://liquidcinemavr.com/
5.Vandertop, I.(05.07.2016), Taking control in VR Storytelling
