Odyssee der Themenfindung

– Zusammenfassung der bisherigen Recherche

VR/AR & Bildung

Im ersten Semester meines Studiums beschäftigte ich mich ausschließlich mit der Fragestellung, wie sich Virtual und Augmented Reality in Kombination mit dem Bildungsbereich verwirklichen lassen, welche Auswirkungen und Vorteile eine solche Kombination hätte und ob es damit möglich wäre, die gängige Form des „Frontalunterrichts“ zu revolutionieren. Dabei offenbarte sich mir während der Recherchearbeit, dass es definitiv positive Konsequenzen im Schulsystem haben könnte, wenn Unterrichtsmaterialien in Form eines „Unterrichts-Erlebnisses“ mittels VR und/oder AR aufbereitet werden würden, aber auch, dass es an zwei Faktoren liegen könnte, dass diese Technologien noch keine allzu breite Anwendung in z.B. österreichischen Schulen finden: Zum einen die Kosten für neue Technologien, die Schulen nicht aufbringen können und zum anderen die gesellschaftliche Einstellung in Bezug auf die Veränderung schulischer Lehrmethoden, die grundsätzlich meiner Ansicht nach langsam voranschreitet.

Inzwischen liegt mein letzter Blog-Post schon einige Monate zurück, was auch damit einhergeht, dass ich letztendlich etwas an der ursprünglichen Begeisterung für dieses Thema verlor. Das liegt einerseits an privaten Gründen, andererseits aber auch an Recherchen in andere Themengebiete in den letzten Monaten. Vor allem aber liegt es daran, dass mich zwar die Thematik des „besser Lernens“ interessiert, ich jedoch für VR und AR weniger enthusiastisch bin als für andere Gebiete und ich das Bedürfnis habe, für meine Masterarbeit ein Thema zu finden, das mich länger als bloß ein paar Wochen fesseln kann. VR und AR sind durchaus faszinierende Technologien, bei denen ich großes Potential für die Zukunft sehen kann, die aber in ihrer heutigen Form oftmals klobige Brillen als Basis voraussetzen, für die ich mich weniger begeistern kann, als ich gerne würde.

Ethisches Design neuer Technologien

Dementsprechend suchte ich im zweiten Semester für meine Seminararbeit im Fach Design & Research 2 nach einem neuen Thema, das mich fesseln kann und stieß dabei auf das sog. „Ethical Operating System Toolkit“. Dabei handelt es sich um einen Guide in Form eines PDF-Dokuments, der von Omidyar Network und The Institute for the Future im Jahr 2018 entwickelt wurde. Der Zusatzuntertitel drückt den Zweck dieses Projekts bereits sehr gut aus: A guide to anticipating the future impact of today’s technology – or: how not to regret the things you will build.
Omidyar Network und The Institute for the Future haben es sich zur Aufgabe gemacht, Technologie-Unternehmen bzw. deren Leitung und damit ebenso ihren Designern und Designerinnen Mittel und Wege in die Hände zu legen, um in Selbstevaluierung ihrer Projekte vorauszuahnen, ob jene designten Produkte jemals zweckentfremdet oder von Grund auf für schädliche Ziele missbraucht werden können oder nicht. Innerhalb dieses Guides werden eine Reihe von Fragen an das Projektteam sowie an die Unternehmensführung gestellt, deren Beantwortung Aufschluss darüber erteilen soll, wie „moralisch richtig“ ein designtes Produkt sein wird. Um also nicht im Nachhinein damit konfrontiert zu werden, an einem Projekt beteiligt gewesen zu sein, das in irgendeiner Form der Welt bzw. der Menschheit schadet, sollen bereits im Vorhinein jegliche Risiken so genau wie möglich evaluiert werden, um anschließend entsprechende Vorkehrungen innerhalb der eigenen Firma zu unternehmen oder das entworfene Design abzuändern. Dabei werden acht verschiedene Risiken-Zonen genannt, auf die man eigene Projekte besonders mit einem Hinblick auf die Zukunft überprüfen sollte.

 

Nach wie vor bin ich von dem ethischen Standpunkt aus in Bezug auf neue Technologien und Projekte fasziniert und konnte auch beim World Usability Congress 2019 in Graz dank einer Präsentation von Alex Wright (Instagram, „Practical Futuring“) weitere interessante Einblicke in dieses Themengebiet erhalten , sehe aber für eine Masterarbeit noch keine konkrete praktische Arbeit oder Fragestellung, die ich z.B. mittels dieses Toolkits erarbeiten könnte. Zumal ein erfolgreiches Ergebnis insofern schwierig zu ermitteln wäre, weil im Falle eines Erfolges – also der Abwendung eines zukünftigen, ethischen Risikos – besagtes Risiko ohnehin nie eingetreten sein dürfte und dementsprechend eher schwer als Erfolgserlebnis zu erkennen wäre. Dementsprechend konnte ich das Thema noch nicht gänzlich fallen lassen, bin allerdings aktuell auf der Suche nach einer konkreteren Anwendung oder Fragestellung in diesem Themenbereich.

Was sich mir während meiner Recherchearbeit allerdings sehr wohl offenbart hat, sind die vielen Fallbeispiele in den Risiken-Zonen „Überwachungsstaat“, „Wahrheit, Desinformation, Propaganda“ sowie „Maschinen Ethiken und algorithmische Vorurteile“, die es bereits heute in unserer Welt gibt und die ernsthafte Probleme verursachen können oder es bereits getan haben: Von „Fake News“ oder ihrem Video-Äquivalent „Deep Fakes“ bis hin zu Chinas „Citizen Score“ und künstliche Intelligenzen, die aufgrund historischer Datensätze die Vorurteile der Menschen implementieren, obwohl sie eigentlich dafür gemacht waren, jene menschlichen Ungleichheiten auszumerzen. In diesem Zusammenhang lese ich auch gerade Edward Snowdens Autobiografie Permanent Record, um mich in dieser Frage nach der Ethik des Internets, das mit den meisten neuen Technologien verbunden ist, weiterzubilden.

Interdisziplinäre Studenten-Zusammenarbeit

Was mir im Zuge der Lehrveranstaltung „Future Design Lab“ in Zusammenhang mit meiner eigenen Problematik, eine konkrete Anwendung für mein zweites Themengebiet zu finden, ebenfalls in den Sinn kam, war eine weitere Idee, die sehr FH-Studenten-Projekte spezifisch ausgelegt ist und (leider) so gut wie nichts mit meinen bisherigen beiden Recherchethemen zu tun hat, dafür aber ein wenig mehr an meinen Bachelor in Internettechnik anknüpft. Der Gedankengang war eine Onlineplattform, die es Studenten an der FH Joanneum ermöglicht, eigene Projektideen vorzustellen, andere Studenten für die Mitarbeit anzuwerben und wiederum selbst Projektideen anderer zu finden, bei denen man sich vorstellen könnte, eigene Talente und Fähigkeiten in künftiger Zusammenarbeit einzubringen.

Ich kenne es von Kommilitonen im Bachelor als auch im Master, dass manche viele Projektideen haben, ihnen jedoch z.B. Programmiererfahrung fehlt, um das Projekt in die Tat umzusetzen. Andererseits gibt es viele technisch versierte Menschen, denen wiederum in ihren Projekten völlig die Benutzerfreundlichkeit abhandenkommt, weil sie sich zu wenig Gedanken um das Design machen. Wieder andere kennen sich vielleicht mit Filmen gut aus, ihnen fehlt jedoch für ein Filmprojekt ein Sound Designer, der sich um die Audio-Komponente kümmert. Allein die FH Joanneum besteht aus so vielen unterschiedlichen Studiengängen, in denen am laufenden Band spannende Projekte erarbeitet werden, sodass es nicht sehr einfach ist, Kontakt zu anderen Studiengängen bzw. konkret arbeitswilligen Mitstudierenden aufzunehmen, schon gar nicht an anderen Standorten als dem eigenen. Hin und wieder werden zwar E-Mails an gesamte Studiengänge versendet, die zu einer interdisziplinären Zusammenarbeit aufrufen, allerdings könnte ich mir vorstellen, dass eine Onlineplattform, in welcher man mehr Möglichkeiten hat, eine Projektidee vorzustellen, eher Rückmeldungen liefern könnte als es herkömmliche E-Mails tun, die womöglich noch im Spam-Ordner landen. Zudem bietet ein Forum für solche Anfragen eine freundlichere und ungezwungenere Umgebung, die für junge Menschen höchstwahrscheinlich ansprechender wäre als es simpler Email-Austausch ist.

Durch meinen Bachelor in Internettechnik sind mir derartige Onlineplattformen bzw. deren Konzipierung nicht mehr vollkommen fremd, selbst wenn die technische Entwicklung eines solchen Systems ein riesiges Projekt sein könnte und ich mir unsicher bin, ob dies noch im Rahmen einer Masterarbeit wäre. Im Vordergrund würde ich mich deswegen zunächst vor allem eher mit Prototypen beschäftigen wollen, wie so eine Onlineplattform aussehen könnte.

Fazit

Aufgrund der vielen Möglichkeiten habe ich noch keine endgültige Antwort auf die Frage gefunden, in welche Richtung ich mich von jetzt an in meiner Forschungsarbeit bewege. Das VR/AR-Thema aus dem ersten Semester habe ich ausgeschlossen, aber während mich das zweite Thema sehr interessiert und ich die Augen offen halten werde, um diesbezüglich konkretere Beispiele für eine Masterarbeit zu finden, würde ich bis dahin das dritte Thema anstreben, unter dem ich mir bisher mehr konkrete Aspekte vorstellen könnte.

 


 

Bildquelle:
Ethical OS – https://ethicalos.org/, 15.10.2019

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