Das größte Soft Interface des Menschen – Die Haut

Schon im letzten Artikel ging es bei den Body Extensions um eine Erweiterung der menschlichen Möglichkeiten. Immer schon wurden neue Techniken und Technologien dazu genutzt, die Einschränkungen des Menschen Stück für Stück aufzuheben. Da unsere Sehkraft nicht weit genug reicht beispielsweise, wurde ein Fernglas als Erweiterung verwendet. Mit der immer schneller voranschreitenden technologischen Errungenschaften, werden auch die uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten immer mehr. Das menschliche Skelett mit Titan zu unterstützen bei komplexen Knochenfrakturen ist heutzutage keine Seltenheit mehr. Bald könnte aus einer reinen Unterstützung der natürlichen Funktion, eine Erweiterung der Sinne und Möglichkeiten werden.

Die bisher gezeigten Versuche, konzentrierten sich alle auf das Thema eines soften Displays in Textilien. Doch unter Soft Electronics versteht man noch mehr. So zum Beispiel jegliche Devices, die nicht hart, sondern weich sind. Hierunter fällt auch das Projekt „Second Skin“ von der University of Tokyo und dem Research & Development Center of Dai Nippon Printing Co. (DNP).

 

http://www.asahi.com/ajw/articles/photo/AS20180219004078.html

 

http://www.asahi.com/ajw/articles/photo/AS20180219004078.html

 

„A Japanese team has developed a skin-thin LED device that can be directly applied on the human body and coupled with a wearable sensor to display information about the wearer’s health.“ (Asahi 2018, http://www.asahi.com/ajw/articles/AJ201802190037.html)

Hierbei handelt es sich um eine dünnes, flexibles Display, welches wie ein Pflaster auf die Haut angebracht werden kann. Gedacht ist es für den Medizinbereich. So können auf dem Display nicht nur Daten von einem Sensor wie beispielsweise der Herzschlag aufgezeichnet werden, sondern auch Anweisungen für die Medikation von extern auf das Display geschickt werden. Dies könnte helfen, wenn Patienten in ihrem eigenen Zuhause betreut werden wollen oder müssen. 

Was ändert sich, wenn sein eigener Unterarm zum Display wird?  

Man sieht also, bei Soft Interfaces könnte es auch zu einer Verschmelzung mit dem Menschen kommen. Nicht nur Displays können mit der Haut eine Einheit bilden, auch elektronische Kontaktlinsen, können den Träger um einiges bereichern. Was würde beispielsweise geschehen, wenn alle Möglichkeiten des Smartphones mit unserem Körper verschmolzen wären. Was passiert, wenn man durch eine Erweiterung im Auge per Gedanke ein Foto seines eigenen Blickfeldes machen könnte. Was ändert sich, wenn sein eigener Unterarm zum Display wird?  

Um dieser letzten Frag nachzugehen müssen wir uns erst einmal fragen, wie die Interaktion und Wahrnehmung über unsere Haut funktioniert. Die Haut ist das größte Organ des Menschen. Sie ist ein wesentlicher Bestandteil des Körperaufbaus, so schützt sie nicht nur andere Organe vor Kälte oder Hitze, sondern auch vor Stößen und Keimen. Über die Haut nehmen wir Empfindungen wie Schmerz oder Berührungen wahr. Des Weiteren ist sie in der menschlichen Interaktion ein wesentlicher Bestandteil: Nichts ist so Tröstend wie eine Umarmung, oder symbolisiert Freundschaft wie ein Klaps auf die Schulter. Die Berührung unserer Haut ist abgesehen von einem höflichen Händedruck, etwas sehr Intimes. Bei Freunden und Familienmitgliedern ist es ein Zeichen von Nähe, so können sich die Positiven Aspekte bei Fremden aber sehr schnell ins Gegenteil verkehren und man fühlt sich unwohl.

Auch ohne eine direkte Berührung, kann man viel an der Hautoberfläche ablesen. Ist uns kalt: bekommen wir eine Gänsehaut, sind wir verlegen: erröten wir, geht es uns nicht gut, so nimmt die Haut einen blassen, oder wie man oft hört, einen grünen Farbton an und haben wir Angst, so stehen uns die Haare zu Berge. Die Haut sag also, ob wir wollen oder nicht, viel über unsere Emotionen aus. Dies geschieht automatisch uns kann kaum von uns selbst gesteuert werden.

Wäre unsere Haut nun zusätzlich ein Display, wie würden wir dann mit ihr interagieren? Würden die Bewegungen, welche wir vom Smartphone kennen, gleich bleiben? Ich denke, einiges könnte man sicherlich übernehmen, anderes aber auch wieder nicht. Nachfolgend habe ich eine Liste zusammengestellt, welche Bewegungen wir mit dem Smartphone machen und was das Äquivalent zur Haut wäre. 

Die Fragen, die sich Interaktionsdesigner stellen müssen sind vielfältig. So ist alleine die Tatsache, dass sich die Farbe der Haut mit den Jahreszeiten ändert relevant, wenn es darum geht die „Displayanzeige“ immer gleich aussehen zu lassen. Des Weiteren müssen die Steuerungsbewegungen angepasst werden. Während ein einfacher Touch zum Auswählen durchaus noch praktikabel ist, sind Zoom-Bewegungen alleine schon wegen der Flexibilität der Haut nicht praktikabel. So kann es auch zu Schwierigkeiten beim Lesen von Texten kommen, wenn man plötzlich eine Gänsehaut bekommt und die Projektion unleserlich wird.

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Vieles kann man durch bereits existierende Technik schon teilweise ausprobieren. Im Falle der Abbildung wird das Display durch ein im Armband verstecktes Projektionsgerät auf der Haut visualisiert. Und schon hier kann man ein weiteres Phänomen beobachten, welches auf alle Fälle relevant wird. Durch die Proportionen des Unterarms, wird der Bildschirm im Querformat angezeigt. Die meisten Interaktionen am Smartphone – abgesehen von Videos schauen – geschehen aber im Hochformat. Allerdings könnte es auch geschehen, dass der gesamte Unterarm zum Display wird, und es neue Proportionen gibt, die nichts mehr mit den pixelbasierten Werten des Smartphones zu tun haben. 

Hier spielt auch die Lage des Displays eine Rolle. Im Idealfall, ist diese wandelbar, sodass ich mir die gewünschten Informationen einmal auf dem Handrücken, dann auch meinem Oberschenkel und bei Bedarf auch auf der Handinnenfläche anzeigen lassen kann. Vielleicht kann ich auch verschiedenen „Tabs“ an unterschiedlichen Stellen zeitgleich sehen und mit ihnen interagieren.

Man sieht, die Möglichkeiten gehen ins unendliche und viele neue Herausforderungen kommen nicht nur bei der Umsetzung sondern auch bei der richtigen, intuitiven Interaktion auf uns zu.

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